Ernest Galpert mit seinen Schulkameraden und seiner Lehrerin Chaya Moshkovich

Das ist ein Bild von mir und meinem Schulkameraden auf dem Schulhof. In der Mitte ist unsere Lehrerin Chaya Moshkovich. Ich bin der erste von rechts in der ersten Reihe. Das Foto wurde 1933 in Mukatschewo gemacht. Als ich sechs Jahre alt war, musste ich in die Grundschule. Jüdische Kinder gingen zur tschechischen Grundschule für Jungen und Mädchen. Wir mussten gleichzeitig für die Grundschule und den Cheder lernen. Die Schule begann um 9 Uhr morgens. Normalerweise frühstückte ich und ging um 6.30 Uhr in den Cheder. Wir rezitierten Gebete und um 8.30 Uhr ging ich in die Grundschule. Nach dem Schulunterricht ging ich nach Hause, um Mittag zu essen und ging dann wieder in den Cheder, wo wir bis zum Abend Unterricht hatten. Spät am Abend kehrte ich nach Hause und erledigte meine Hausaufgaben für die Schule. Allerdings wussten unsere Lehrer von unserem stressigen Lehrplan und gaben uns nicht all zu viel für zu Hause auf. Als ich begann in die Grundschule zu gehen, schnitt mir mein Vater meine Schläfenlocken ab. Er wollte nicht, dass ich anders als die Anderen bin und befürchtete, dass sie mich vielleicht ärgern könnten. Ältere Jungs im Cheder hatten Schläfenlocken und auch mein Vater und Großvater und ich wollte so sein, wie sie. Ich weinte als er mir meine Schläfenlocken abschnitt, aber er sagte, dass solange ich ein Kind bin er darüber entscheide, wie lang sie sind, und sobald ich älter bin, ich es für mich selbst entscheiden dürfe. Als ich 14 oder 15 wurde, schnitt ich mir heimlich die Schläfenlocken ab, weil ich zu schüchtern war, um sie zu tragen. Mein Vater erinnerte mich daran, wie ich weinte, als er sie mir abschnitt. Ich trug einen Zizit. In der Schule versteckte ich ihn unter meinem Hemd, aber ich nahm ihn nie ab. Uns wurden verschiedene Dinge im Cheder und der Schule beigebracht, was mich oft verwirrte. Ein mal kam ich mit Tränen in den Augen nach einer Stunde Naturgeschichte nach Hause. Ich sagte: "Unser Rabbi hat uns erzählt, die Erde sei in sechs Tagen von Gott erschaffen worden, aber unser Schullehrer erzählt uns etwas anderes. Wem soll ich vertrauen? Unserem Rabbi oder unserem Lehrer?" Obgleich mein Vater ein Chassid war, war er ein netter und schlauer Mensch und verstand, dass dies mein Verständnis der Welt zum Einstürzen gebracht hatte und eine Katastrophe für mich war. Er sagte mir Folgendes: "Du hörst ihnen beiden zu. Du studierst, was der Rabbi sagt für Cheder, und in der Schule sagst du, was die Lehrer verlangen. Wenn du älter wirst, wirst du selber wissen, was richtig für dich ist." Ich hatte exzellente Schulnoten und keine Probleme beim Cheder. Am Samstag besuchte ich meinen Großvater und er überprüfte, was ich beim Cheder in der Woche gelernt hatte. Wenn er zufrieden mit mir war, gab er mir immer Süßigkeiten.