Jindrich und Hannah Lion

Als ich mit meiner Frau 1947 nach Prag kam, haben wir eine Wohnung zugeteilt bekommen, in der Deutsche gewohnt hatten. Die deutschen Wohnungen wurden an Juden, die zurückgekommen sind oder an zurückkom-mende Soldaten abgegeben. Zuerst wohnten wir in Untermiete in der Jessenska, das ist eine Nebenstraße der Pariser Straße, vis-à-vis der Synagoge. Und dann haben wir eine Wohnung wieder in der Revolutionsstraße zugeteilt bekommen, auch wieder eine Drei-Zimmer-Wohnung. Es ist irgendwie Gewohnheitssache, ich muß immer in der Gegend wohnen, es hat sich alles um den Altstädter Ring abgespielt - Weihnachtsmarkt, Nikolomarkt, und die ganzen Demonstrationen, Paraden, Militär, alles war immer dort am Altstädter Ring. Das war mein zu Hause. In Prag waren auch meine Freunde, Mitschüler und Mitglieder meines Fußballklubs. Es waren viele Freunde. Als ich zwei Jahre nach dem Krieg nach Prag zurückkam, hat man nicht mehr über das Schrecken des Krieges gesprochen. Die jungen Leute meiner Familie haben überlebt, in London waren vier Cousins, in Israel haben zwei Cousins überlebt. Der Prager Oberrabbiner hat während des Krieges in Jerusalem gewohnt und ist dann nach Prag als Oberrabbiner zurückgekommen. Er hatte uns noch in Jerusalem getraut. Er hat zu meiner Frau gesagt, er übernehme die Rolle ihres Vaters.. Und wir waren dann bei ihm zu den Feiertagen. Er war ein Prager Jude. Er war zwar konservativ-religiös, aber er hat die Prager Juden gekannt. Er wusste, dass ich von Religion nichts verstehe., aber er Verständnis gehabt. Religion als solche hat mich nie angezogen, weder jüdische noch andere. Ich hab das Falsche gesehen, was was in der Religion steckt. Alle reden sie über Gleichheit, aber wohin Sie schauen wird Krieg geführt, ob es in Irland oder in anderen religiösen Gemeinschaften ist. Das ist alles nur äußerlich. Der Rabbiner starb und als seine Frau im Krankenhaus auch im Sterben lag, hat meine Frau sie besucht und sie sagte zu meiner Frau: 'Hier nimm den Schlüssel von meiner Wohnung, Du kannst in die Wohnung gehen. Und alles, was Du willst, kannst Du nehmen. Es gehört Dir. Nur das Geld auf der Bank gebe ich dir nicht, weil es ist nicht gut, jungen Leuten viel Geld zu geben. Ihr seit zu jung und könnt das Geld nicht schätzen und es verdirbt euch den Charakter. Wir hatten kaum Geld, im Kommunismus hat man wenig verdient, obwohl ich viel gearbeitet habe. Ich war Redakteur, zuerst in einer Wochenzeitschrift und dann in einer Tageszeitung.