Edith und Kurt Stiassny

Das bin ich mit meinem Bruder in Brünn. Mein Bruder war blauäugig und blond, und ich war immer ganz schwarz. Ich habe mich so gekränkt. Ich wollte so gern blauäugig sein. Ich besuchte einen tschechischen Kindergarten, mein Bruder ging in einen deutschen. Er ging dann auch in die deutsche Volksschule, und als wir übersiedelten, wurden wir beide in die jüdische Schule eingeschult, wo die Unterrichtssprache tschechisch war. In der Schule gab es nur jüdische Kinder, und auch die Lehrer waren größtenteils Juden. Wir hatten Samstag schulfrei und Sonntag Unterricht. Als ich 9 Jahre alt war, entschlossen sich meine Eltern, uns das erste Mal ins Ausland zu nehmen. Wir mieteten eine Pension in Portorosa an der adriatischen Küste Italiens. In unserem Hotel gab es Tanznachmittage für Kinder. Wir lernten Walzer, Tango, Menuette und Rondo! Mir gefiel das sehr gut, doch mein Bruder litt! Oft mieteten mein Bruder und ich ein Ruderboot und fuhren weit hinaus aufs Meer. Meine Mutter, eine begeisterte Nichtschwimmerin, mußte dann den Schwimmeister bitten, uns zurückzuholen. Ich hatte auch in der Schule viele Freundinnen, lernte Klavierspielen, sehr ungern, eine Zeit lang tanzte ich Ballett, aber ich war zu groß und zu dick für mein Alter. Natürlich gingen wir beide, Kurt und ich, in den jüdischen Turnverein Maccabi, den doch mein Vater mitgegründet hatte, und später auch in den Jugendbund Maccabi Hazair. Wir waren also fast ausschließlich in jüdischer Gesellschaft und hatten daher keine Probleme mit unserem Judentum. Außer Anna und einem Mädchenc das ober uns im selben Haus wohnte, hatten wir keinen Kontakt zu Nichtjuden.